Eines Tages ließ Kant mich in Ruhe. Wie wohltuend das war! Vielmehr: Es war überhaupt nicht wohltuend. Denn ich wurde anstelle von Kant von einer Idee heimgesucht, die, wie Ideen so sind, recht unbestimmt war, so dass mein Denken nichts anderes zu tun wusste, als unermüdlich Jagd auf sie zu machen.
Einfangen wollte es sie, was aber nicht und nicht gelingen wollte. Ideen sind nicht nur unförmig, sie sind auch glitschig und somit schwer zu greifen. Und ich war dem Treiben dieser beiden schutzlos ausgeliefert.
Jetzt hätte ein kleines Gespräch mit Kant eine positive Wirkung entfalten können, selbst wenn er mich, wie sonst üblich, getadelt hätte. Mit anderen Worten: Ich hätte dringend etwas Ablenkung gebraucht. Aber Kant rührte sich nicht.
Da hörte ich ihn leise lachen. Er lachte so ein diebisches Lachen.
„Es ist amüsant“, sagte er, „die beiden Idioten zu beobachten.“
„Idioten? Einer von denen ist immerhin mein Denken.“
„Ein großer Geist lässt sich inspirieren, aber nicht an die Leine legen.“
Da war er also wieder, mein Quälgeist, und sofort war ich beleidigt. Ob er mich jemals wieder in Ruhe lässt?