Gedicht

Die Ballade vom Schatten, den Lucky Luke erschoss

(Foto: Bernhard Huber)

Durchlöchert kleb ich an der Wand
und niemand wird mich je bestatten.
Gemeuchelt durch des Cowboys Hand.
Dabei war ich doch nur sein Schatten.

 

Erschossen hat mich Lucky Luke,
der engelgleiche Westernheld.
Kein Makel war an ihm, kein Trug.
Er war nur gut, besaß kein Geld.

Ich war sein treuester Gefährt.
Ihm, der sich poor und lonesome nennt,
war ich noch treuer als sein Pferd.
Nur in der Nacht, wenn jeder pennt,

war ich für alle unsichtbar.
Doch bei der ersten Sonnenhelle,
war ich, als wären wir ein Paar,
sofort und nur für ihn zur Stelle.

Doch höre, Welt, auf den Bericht
und merke gut auf meine Worte.
Denn makellos ist Lucky nicht.
Ein Gauner ist’s der schlimmsten Sorte.

Ich könnte weinen, wenn ich denk,
wie er zielsicher hoch zu Ross
ganz locker aus dem Handgelenk
auf Outlaws wie die Daltons schoss.

Doch niemals gab’s durch ihn Verletzte,
es gab nie Tote unter ihnen,
die er stets nur gefangen setzte
wohl hinter schwedischen Gardinen.

Mich jedoch schickt er ohne Wort,
als wär‘ ich räudig wie ein Hund,
und umstandslos ins Jenseits fort.
Sein Image, hieß es, sei der Grund.

Und wirklich, dieser Kugel Pengen
verbreitete sich um die Welt.
Doch keiner rief, man soll ihn hängen.
Statt dessen wurde er der Held,

der schneller als sein Schatten schießt,
als ob das eine Leistung wär‘.
Kein Schatten schießt, damit ihr’s wisst.
Das ist die reinste Lügenmär.

Drum höre, Welt, Lukes Schattenbild
ist ihm nur auf den Leib gemalt.
Er selbst hat seins eiskalt gekillt,
aus purer Laune abgeknallt.

So reitet er durch die Prärie
singt unentwegt sein Klagelied.
Sein Ritt durch Texas endet nie.
Sein falscher Schatten reitet mit.

Bernhard Huber