Gedicht

Ein Virus namens Paul

(Foto: Bernhard Huber)

Ein Virus, der noch unverbreitet
allein in einer Nase stak,
war überhaupt nicht vorbereitet
auf seinen ersten Reisetag.

 

Denn es kam anders als gedacht.
Mit viel Geniese und Gehuste,
ward er flugs auf den Weg gebracht.
Er wusste: Wenn du musst, dann musste.

Sein Fachgebiet war diese miese
hochinfektiöse Asiengrippe.
Als Virus war er eine fiese
abgrundtief eklig-böse Type.

Wir nennen ihn ganz einfach Paul.
Wir könnten ihn auch Anton nennen.
Doch Paul solls sein. Paul wollt noch faul
in seiner Nasenschleimhaut pennen.

Da hat er plötzlich rausgemusst.
3, 2, 1, 0! Hatschi! Er fliegt
in eines armen Menschen Brust,
damit sie die Bronchitis kriegt.

Von da aus musst er wieder wandern,
allein und konnte nirgends ruhn,
von einem Nasenloch zum andern.
In jedem gab es was zu tun.

Er träumte, er wär plötzlich wer,
berühmt und allerseits beliebt,
er wär nicht länger irgendwer,
ein Virus, wie’s ihn sonst nicht gibt.

Ein Virus nämlich ist verhasst
und wird mit Medizin bekämpft,
weil wo er einmal Fuß gefasst
des Lebens Lust und Freude dämpft.

Da klickt sich Paul ins WWW,
wo er nach netten Freunden sucht.
Da kommt ihm plötzlich die Idee
und schon hat er sich eingebucht.

Hier ist er plötzlich heiß begehrt.
Denn wo die Internetcommunitiy
verkehrt und sich extrem vermehrt,
kann man ihn brauchen, und das wie!

Bald surft er wie im Fieberwahn
mit rasender Geschwindigkeit
weltweit über die Datenbahn
und macht sich dort als Schädling breit.

Klein wie die Spitze eines Spitz-
maushaars ist ihm kein Leck zu klein.
Er dringt durch jeden Datenritz
in die Computersoftware ein.

Und Bit für Bit und Byte für Byte
labt er sich an der Datenkost,
als wäre er nicht recht gescheit.
Mensch Paule, bist du denn bei Trost.

Du bist kein Virus von der Sippe,
die die Computer infiziert.
Als Virus bist du auf die Grippe
des Menschen spezialisiert.

Doch Paule lässt sich nicht beirrn:
„Von wegen spezialisiert!
Ich habe mich von allen Virn
als erster digitalisiert.“

Bernhard Huber